Sailfish OS 2.0: die Zukunft der mobilen Betriebssysteme?
Das Open-Source-Betriebssystem Sailfish erhält in Kürze das umfangreichste Update seiner Laufbahn: Sailfish OS 2.0. Sailfish ist eine echte Alternative zu den bekannten Betriebssystemen Android und iOS. Zudem wird es zusammen mit jeder Menge neuer Geräte erscheinen. Aber wer schneidet wie im Vergleich ab? Wir werfen mal einen genaueren Blick drauf – Sailfish OS 2.0 vs Android.
Sailfish OS 2.0 vs Android: Was ist Sailfish überhaupt?
Sailfish ist ein von dem finnischen Unternehmen Jolla entwickeltes Betriebssystem, das seinen Nutzern eine „neue Denkweise“ verspricht. Es handelt sich dabei um eine Open-Source-basierte Software, die Entwicklern Zugang zu praktisch allen erdenklichen (Quell-)Codes gewährt, sich sehr stark an Kundenfeedbacks orientiert und momentan vor allem auf Jollas eigenen Smartphones und Tablets läuft. Darüber hinaus hat das Unternehmen einen Vertrag mit Intex geschlossen, um zum einen Smartphones inkl. Sailfish-Betriebssystem auf den indischen Markt sowie auch auf weitere Märkte zu bringen und zum anderen im Verlauf weitere Hersteller mit ins Boot zu holen. Das russische Unternehmen Yota soll sich Berichten zu Folge bereits gegen Android entschieden haben und wird seine neuen Geräte alle unter Sailfish OS laufen lassen. Sailfish könnte dadurch, gerade auf Schwellenmärkten, deutlich mehr an Bedeutung gewinnen.
Sailfish OS 2.0 vs Android: Kompatibilität
Android ist auf verschiedensten Devices in allen Sparten verfügbar. Gleichzeitig findet man das OS aber auch in anderen Systemversionen, die durch einzelne Hersteller mit Anlehnung an Android angepasst wurden, wie beispielsweise bei Amazons Fire Phone oder Tablet.
Zur Zeit bekommt man Sailfish nur mit Jollas eigenen Smartphones und Tablets. Falls man aber auf Android komplett verzichten kann, gibt es die Option, das Sailfish-Betriebssystem beispielsweise über CyanogenMod auch auf Geräten wie dem Nexus 5 installieren. Jolla hat dafür auf seiner Homepage eigens ein Tutorial zur Verfügung gestellt. Allerdings ist diese Variante eher für Entwickler oder Personen, die das Betriebssystem testen möchten, zu empfehlen und weniger für die Besitzer eines Smartphones, das täglich in Gebrauch ist, gedacht.
Sailfish Hardware wird wahrscheinlich vergleichsweise günstig sein. Das Jolla-Tablet soll beispielsweise schon für einen Preis von $299 erscheinen.
Sailfish OS 2.0 vs Android: Apps und App Store
Sailfish ist auf die Open-Source-Quellcodes von Android aufgebaut, dh., dass Android-Apps auch unter Sailfish laufen. Google Play Dienste werden allerdings nicht unterstützt, weswegen auch dringend davon abgeraten wird, genau diese Dienste trotzdem auf Sailfish-Geräten zu installieren, da damit eine „Vielzahl von Problemen“ auftritt.
Das Ziel ist es, den größten Teil aller Android-Apps zu unterstützen und man kann die Apps, die bereits kompatibel sind, entweder über Jollas eigenen App Store oder über einen der von Jolla zertifizierten App-Stores wie Yandex, Aptoide oder Anzhi finden. Natürlich kann einen niemand davon abhalten, einen anderen App Store zu benutzen – sobald man eine .apk-Datei findet, kann man sie auch problemlos auf Sailfish-Geräten installieren – aber Jolla und die oben genannten Stores nehmen von vornherein nur Apps in ihren Store mit auf, die auch mit Sicherheit laufen.
Jolla macht zudem sehr genaue Angaben zur Android-Kompatibilität und stellt auf der eigenen Homepage detaillierte Informationen darüber zur Verfügung. Hier wird beispielsweise beschrieben, dass einige Funktionen, wie z.B. das Streaming von Daten über Bluetooth (mit Ausnahme von Musik), der Vibrations- sowie LED-Alarm und einige Benachrichtigungen unter Sailfish, nicht zur Verfügung stehen.
Sailfish OS 2.0 vs Android: Schnittstellen
Egal ob es sich nun um Lollipop in seine Originalform (Stock Android) handelt oder eine vom Hersteller aufgesetzt Variante des Betriebssystems (wie z.B. bei TouchWiz) – wir haben uns alle daran gewöhnt, dass Android die unterschiedlichsten Formen einnimmt. Sailfish geht hingegen einen ganz anderen Weg.
Die Grundlage von Sailfish bildet das sogenannte Open-Source-Mer-Projekt – die jeweiligen Schnittstellen sind jedoch von Jolla selbst erstellt und damit sowohl geistiges Eigentum des Unternehmens als auch nicht öffentlich zugänglich gemacht. Von Anfang an hatte man bei der Erstellung die Steuerung durch Gesten im Sinn – oder wie Jolla es ausdrückt:
„Das Sailfish OS lässt sich per Gestensteuerung mit natürlichen Handbewegungen bedienen. Weder müssen zu kleine Knöpfe gedrückt werden, noch muss man den Befehl für „zurück“ lange suchen – alles lässt sich intuitiv bedienen. Sailfish-Gesten werden schnell im motorischen Gedächtnis gespeichert, so dass jeder Berührungspunkt zu einer flüssigen, einfachen und schnelleren Bewegung beiträgt. Es verändert die Art wie Menschen mit ihren Geräten umgehen.“ Außerdem ist es durchaus schön anzusehen und deutlich anders als beispielsweise Googles Material Design.
Sailfish OS 2.0 vs Android: Verfügbarkeit
Diesen Monat hatte Jolla angekündigt, dass das Update auf 2.0 für Nutzer des Preview Programms von Sailfish in „wenigen Wochen“ verfügbar sein wird – alle anderen User sollen „kurz darauf“ in den Genuss kommen. Aller Voraussicht nach wird das Sailsfish OS 2.0 noch vor Herbst dieses Jahres für den Großteil aller Nutzer bereitstehen. Ein bisschen länger wird es bei der Hardware dauern, die nicht von Jolla selbst hergestellt wurde, aber trotzdem unter Sailfish läuft. Geräte von Drittanbietern werden frühestens für Anfang 2016 erwartet.
Sailfish OS 2.0 vs Android: echte Alternative zu Android?
Im Augenblick ist Sailfish für eingefleischte Android-User eher interessante Spielerei als echte Alternative. Zwar ist das Betriebssystem durchaus schön anzusehen, aber die Installation auf dem eigenen Smartphone oder Tablet führt derzeit mit Sicherheit noch zu einer Einschränkung der Bedienbarkeit und zum Verlust von (gewohnten) Features. Grund dafür sind zum einen die beschriebenen Inkompatibilitäten und zum anderen das Fehlen der Google Services.
Darum geht es bei Sailfish aber auch nicht primär. Für Hersteller stellt es eine echte Alternative zu Android dar und damit verbunden auch die Möglichkeit, sich mit den eigenen Produkten differenzieren zu können und nicht die eigene Präsenz am Markt im Schatten Samsungs fristen zu müssen. Gleichzeitig können erstmals auch Kunden erreicht werden, die die Details ihres Privatlebens nicht unbedingt Google anvertrauen möchten. Der Aufbau des Betriebssystems ermöglicht außerdem den Einsatz in modulbasierten Geräten – wahrscheinlich der Hauptgrund für die Entscheidung von Yota – und könnte damit zum direkten Gegenspieler des Projekts Ara werden.
Das Interessanteste an Sailfish ist aber nicht einmal die Technik – es ist das Unternehmen, das dahinter steht. Die Herstellung der Hardware erfolgt durch Crowdsourcing und es besteht eine durchaus glaubwürdige Verpflichtung gegenüber den Kunden. Außerdem ist es für das Unternehmen aufgrund seiner überschaubaren Größe möglich, auch größere Veränderungen sehr schnell durchführen zu können – sobald das von Kundenseite auch gewünscht wird. Google hatte schon sehr große Schwierigkeiten damit, die Android-Unternehmen davon zu überzeugen, die vorgegebenen Schnittstellen nicht abzuändern. Würde man Android als Flugzeugträger bezeichnen, wäre Sailfish dagegen ein Speedboat. Verbunden mit dieser möglichen und schnellen Geschwindigkeit könnte durchaus schon in Kürze eine sehr interessante Entwicklung zu beobachten sein.